Neun ukrainische Studierende und zwei Lehrende aus Odessa zu Gast in Detmold

„Der Krieg hat unsere Möglichkeiten als Musikstudierende in Odessa eingeschränkt“, berichtet der ukrainische Gesangsstudent Stanislav Tsema (26) bei einem Symposium an der Hochschule für Musik Detmold. Er ist einer von neun Doktoranden der Nationalen Musikakademie Odessa, die im Rahmen des Projekts „Ukraine digital“ nach Detmold reisten. Ins Leben gerufen wurde die Förderlinie vom DAAD mit dem Ziel, Studienerfolg auch in Krisenzeiten zu sichern. Der Krieg in der Ukraine hat für das dortige Bildungs- und Hochschulsystem zerstörerische Folgen, die durch die Unterstützung von digitalen Angeboten möglichst gering gehalten werden sollen. Deshalb hatte die HfM Detmold ein umfangreiches Online-Lehre-Programm für Studierende aus Odessa initiiert, um das Studium in Zeiten des Krieges zu unterstützen, da es kaum Möglichkeiten für Musikstudierende gibt, sich zu präsentieren. In einer zehntägigen Präsenzphase besuchten nun ukrainische Studierende die HfM Detmold, um das Gelernte zu vertiefen.

„Wir möchten unseren ukrainischen Studierenden auch vor Ort zeigen, wie sie Aufnahmen von ihrer Musik anfertigen können, damit sie in Zeiten des Krieges sich und ihrem Publikum zumindest virtuell Gehör verschaffen können“, erläuterte Prorektor Prof. Dr. Aristotelis Hadjakos das Unterrichtsziel. Diese Kompetenzen werden am Detmolder Tonmeisterinstitut seit Jahrzehnten gelehrt, und so konnten die Studierenden schon in Odessa erste Aufnahmen von ihrer Musik anfertigen. In Detmold bekamen sie Wissen aus erster Hand und lernten anhand eines Trios, einen Musikbeitrag bestmöglich festzuhalten. „Wie positioniere ich ein Mikrofon im Raum korrekt, um eine optimale Qualität der Aufnahme zu erreichen?“ – diese und weitere Fragen standen im Zentrum der Arbeitsphase, in der die Tonmeister Benedikt Jäger und Sascha Etezazi ihr praktisches Wissen rund um Audio- und Videoproduktion zielgerecht an ihre ukrainischen Kommilitonen vermittelten. Beide begleiteten die Gruppe während ihres Aufenthalts und organisierten ein Programm sowie Begegnungen mit Studierenden und Lehrenden der Hochschule. Dabei demonstrierten sie besonders das Equipment, das für eine professionelle Aufnahme benötigt wird, und führten mit einzelnen Gruppen Workshops durch.

Im Anschluss an die präsentierten Ergebnisse bedankten sich die ukrainischen Studierenden mit einem einstündigen Konzert, in dem die ganze Palette menschlicher Gefühle zum Ausdruck kam. So nahm der junge Akkordeonist Serhii Tarhonii sein Publikum mit geschlossenen Augen auf eine meditative Reise durch Vaclav Trojahns „Die zertrümmerte Kathedrale“. Ihre pianistischen Fähigkeiten zeigte Anastasiia Muliar, die mit einer Klavierfassung von Rimsky-Korsakovs „Hummelflug“ für Aufsehen sorgte. Vasyl Babukhivskii lotete mit seiner Klarinette anhand von Jörg Widmanns „Fantasie für Klarinette solo“ die komplette Bandbreite seines Instrumentes aus und Countertenor Stanislav Tsema zeigte Hector Berlioz „Les nuits d’été“, dass das Repertoire für seine Stimme keinesfalls auf barocke Arien begrenzt ist.

Fotos:

Teilnehmende der Präsenzphase des Projekts „Ukraine digital“ in Detmold © HfM Detmold/Plettenberg