Referent Paul Marchal aus Detmolds belgischer Partnerstadt Hasselt stellt in der Stadtbibliothek die „Beginen“ vor.

Bei der Einleitung zu seinem Vortrag in der Stadtbibliothek erntet Paul Marchal fröhliches Lachen: Der Hasselter ist vielen Detmoldern und Detmolderinnen als Stadtführer ihrer Partnerstadt bekannt – besonders für seine launigen Vorträge über das hochprozentige belgische Nationalgetränk Genever. Diesmal präsentiert er jedoch ein anderes Thema und stellt eine religiöse Frauengemeinschaft vor, deren Ursprünge im Mittelalter liegen.

Die Beginengemeinschaften wuchsen gemeinsam mit den Städten seit dem 13. Jahrhundert und breiteten sich über das gesamte Europa aus. Die Frauen wählten einen dritten Weg zwischen Kloster und Welt, lebten ohne Armutsgelübde und versorgten sich durch eigene Tätigkeit oder Vermögen. Sie lebten in Beginenhäusern oder geschlossenen Höfen, in denen nur der Priester Zutritt hatte. In Nordfrankreich, Holland und vor allem in Flandern finden sich solche bis heute, 13 flämische Höfe genießen den Schutz als UNESO-Weltkulturerbe.

In brillantem Deutsch zeichnete Marchal ein sehr lebendiges Bild der religiösen Frauen: Ihre wichtigste Aufgabe war die Caritas, also die Pflege von Alten, Kranken und Sterbenden sowie das Gebet für das Seelenheil der Toten. Sie wohnten zwar abgeschieden von der Stadtgesellschaft, kamen mit ihr aber immer wieder in Kontakt. So nahmen sie eine wichtige wirtschaftliche Funktion in der Pariser Seidenproduktion ein. Es kam zu internen Konflikten, denn den Frauen war nichts Irdisches fremd. Flucht und Schwangerschaften sind in den Quellen belegt. In der Forschung wird das Beginenwesen heute anders als früher gedeutet; das Interesse richtet sich nicht mehr nur auf die religiöse Aufgabe der Frauen, sondert stellt deren großes Maß an Selbstbestimmung heraus. Das Beginenwesen erfuhr mit der Reformation eine erste große Veränderung und verlor seit der Französischen Revolution seine Bedeutung.

Dass Paul Marchal in Detmold einen regelrechten Fanclub besitzt, beweist der große Zuspruch der Veranstaltung, die von der Detmolder Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink organisiert und in Kooperation mit der Stadtbücherei, dem Team Europa der Stadt Detmold und dem Naturwissenschaftlichen und Historischen Verein ausgerichtet wurde. Knapp 50 Personen verfolgten gespannt den Vortrag und beteiligten sich an der Diskussion. Wer mehr wissen wollte, konnte am Stand des Buchhauses am Markt die umfangreiche Monografie erwerben, die Paul Marchal verfasst hat.

Foto: Stadt Detmold