IHK Lippe veröffentlicht neuen Konjunkturlagebericht.

Kreis Lippe. Ein Jahr mit außergewöhnlichen Herausforderungen ist zu Ende gegangen. Corona hat Bremsspuren in der lippischen Wirtschaft hinterlassen. „Ein schweres Jahr liegt hinter uns und ein ungewisses vor uns. Die lippische Wirtschaft wird sich aber schrittweise aus der Krise heraus kämpfen“, ist sich Volker Steinbach, Präsident der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK Lippe) sicher. Der IHK-Konjunkturklimaindikator kletterte von 96,2 auf 104,4 Punkte. Das Anziehen des Indikators ist ausschließlich auf die bessere Stimmung zurückzuführen, die sich in vielen Branchen zum Jahresende zeigte. Die Erwartungen fallen demgegenüber vorsichtiger aus und haben sich weiter eingetrübt.

Für die weitere Entwicklung spielt die heimische Industrie eine entscheidende Rolle weil sie ein wichtiger Auftraggeber für andere Branchen ist. Die lippische Industrie hatte deutlich weniger Umsatzverluste zu beklagen als im NRW Landesdurchschnitt und konnte in den Monaten September (+ 4,7 Prozent), Oktober (+ 2,8 Prozent) und November 2020 (+ 8,3 Prozent) bereits wieder ein Umsatzplus verbuchen. Insgesamt beläuft sich das Minus für die Monate Januar bis November 2020 auf 2,7 Prozent. Der Blick in die Zukunft wird aber auch in der Industrie wieder skeptischer, weil die Auswirkungen der Pandemie auf Auslandsmärkten noch ungewiss sind.

221 Unternehmen mit knapp 20.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten haben sich an der IHK-Umfrage beteiligt. Das Gastgewerbe war traditionell nicht dabei.

Ein Drittel der Antwortenden beurteilt die aktuelle Lage zur Jahreswende mit der Note gut. Im Sommer waren es nur ein Viertel. Nur noch ein Fünftel vergab schlechte Noten; im Sommer war es noch knapp ein Drittel. Der Auftragseingang hat sich verbessert. Immerhin melden doppelt so viel Unternehmen einen gestiegenen Auftragsbestand wie in der letzten Umfrage. Allerdings leiden immer noch knapp die Hälfte der Antwortenden unverändert unter einem Auftragsrückgang. Die Kapazitätsauslastung hat sich angesichts dieser Entwicklung etwas entspannt. Dies gilt tendenziell auch für die Umsätze. Allerdings ist der Anteil derjenigen, die für das abgelaufene Jahr Umsatzsteigerungen melden, weiterhin weitaus niedriger als der Anteil derjenigen, die über ein Umsatzminus informieren. Die Erträge haben sich zwar zum Teil verbessert, aber weitaus schlechter als erwartet entwickelt. Die Investitionsneigung hat leicht angezogen, zum Teil ist dies darauf zurückzuführen, dass die Unternehmen in Hygiene- und Schutzmaßnahmen investieren mussten.

Der Blick in die Zukunft bleibt verhalten. Die Schere zwischen Optimisten und Skeptikern geht weiter auseinander. 26,6 Prozent hoffen auf eine bessere Geschäftslage (Sommer 24,9 Prozent), ein Drittel (Sommer 26,3 Prozent) befürchtet eine Verschlechterung. Knapp sechs von zehn Unternehmen gehen davon aus, dass die Umsätze 2021 Corona bedingt schrumpfen werden. Knapp zehn Prozent erwartet Corona bedingt eine Umsatzsteigerung. Für ein Siebtel ist zur Zeit noch keine Einschätzung möglich. Die Corona-Pandemie hat zur Folge, dass sich das Eigenkapital bei den heimischen Unternehmen reduziert hat und vermehrt Liquiditätsengpässe auftreten.

Auf dem Arbeitsmarkt scheint Corona bislang kaum Spuren zu hinterlassen. Die heimischen Unternehmen konnten dank der erleichterten Kurzarbeiterregeln den Mitarbeiterstab im abgelaufenen Jahr überwiegend konstant halten. Ein Fünftel berichtet sogar von Neueinstellungen, das waren weit mehr als im Sommer geplant.

An der Beschäftigungssituation wird sich in diesem Jahr kaum etwas ändern. Die weit überwiegende Mehrheit hält den Personalstamm. Einige Unternehmen würden gern erweitern, finden aber kein qualifiziertes Personal und werden deshalb „notgedrungen“ den Personalstamm konstant halten müssen. Einige der Antwortendenden automatisieren sehr stark und können daher mit gleichbleibender Personalstärke mehr produzieren.  Knapp ein Sechstel wird zusätzliche Mitarbeiter*innen einstellen, weil zum Beispiel bislang an Externe ausgelagerte Bearbeitungsschritte in Zukunft selbst übernommen werden. Ein Viertel wird mit einer geringeren Anzahl von Beschäftigten auskommen, dies geht zum Teil auch zu Lasten von Leiharbeitern und Werkverträgen.

Steinbach äußert sich besorgt über die Folgen des verlängerten Lockdowns für die heimische Region. „Es ist noch zu früh, um den wirtschaftlichen Schaden des Lockdowns genau beziffern zu können. Doch klar ist, dass mit jedem weiteren Tag der lippischen Wirtschaft dringend notwendige Einnahmen verloren gehen“, stellt der IHK-Präsident fest. Die wirtschaftliche Not in der Tourismus-, Freizeit- und Kulturwirtschaft, dem Gastgewerbe, der Veranstaltungsbranche oder in Teilen des Einzelhandels wächst täglich. Einige dieser Unternehmen sind seit Mitte März durchgehend behördlich geschlossen. „Und für diese wird es eng“, befürchtet Steinbach. Er fordert, dass die zugesagten finanziellen Mittel schneller fließen müssen. Es fehlt Liquidität und im Einzelhandel drückt die Saisonware. Zwischen der politischen Ankündigung und der tatsächlichen Auszahlung liegen viele Wochen. Das ist zu lang und beunruhigt die betroffenen Betriebe.

Eine echte Perspektive für den Re-Start lässt ebenfalls weiter auf sich warten, denn die positive Wirkung der Impfkampagne braucht Zeit. „Das sind aus der Sicht der heimischen Wirtschaft schlechte Nachrichten“, fährt Steinbach fort. Auch stellt die verlängerte Schließung von Schulen und Kitas die Unternehmen vor enorme Herausforderungen, da sie auf Mitarbeiter*innen verzichten müssen. „Neben der eingebrochenen Inlandsnachfrage ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf derzeit die größte Herausforderung für die Unternehmen. Ein baldiges und planbares Ende des Lockdowns, offene Schulen und Kitas, schnelle und unbürokratische Wirtschaftshilfen – das erwartet die lippischen Unternehmen von der Politik“, fordert Steinbach.

Foto: IHK Lippe