Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte feiert 25-jähriges Jubiläum.

Das Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte feiert sein 25-jähriges Bestehen. Anlässlich dieses Jubiläums haben 25 Personen per Video Grußworte und Glückwünsche übermittelt.

Das Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte in Detmold bildet die zentrale Institution für die Auseinandersetzung mit historischen Hintergründen und kulturellen Besonderheiten der Deutschen aus Russland. Es möchte einen gesellschaftlichen Diskurs über Heimat und Fremde, Zugehörigkeit und Ausgrenzung, Migration und Partizipation führen. Als bundesweit erste und einzige Einrichtung stellt sich das Museum seit nunmehr 25 Jahren dieser Aufgabe. Dieses nahm das Museum nun zum Anlass gemeinsam mit Wegbegleitern zurück und nach vorn zu schauen.

Grußworte

Armin Laschet, Ministerpräsident NRW a.D., gratulierte dem Museum und führte aus: „Sie alle haben ihren Anteil an diesem wichtigen, historischen Ort. Geschichte zugänglich und verständlich zu machen, das ist kein leichtes Unterfangen. Doch es gelingt, wenn wir Menschen bereit sind uns auf Geschichte und auf Geschichten einzulassen, ohne Vorurteile, aber auch ohne Scheu.“ Weiter beschreibt er: „Die Geschichte der Deutschen in Russland reicht über Jahrhunderte. Über viele Generationen haben Deutsche dieses großartige Land geprägt und mitgestaltet – politisch, kulturell, wirtschaftlich.“ Russland und Deutschland verbinde mehr, als uns manchmal bewusst sei, schlussfolgert Laschet. Angesichts der Herausforderungen, die zwischen unseren Nationen heute unübersehbar bestünden, sei diese historische Gemeinsamkeit von unschätzbarem Wert.

Auch Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft NRW, übermittelte ihre Glückwünsche. Darin bekräftigt sie, dass das Museum Brücken baue, um die heutige Gesellschaft besser zu verstehen und das Verständnis füreinander zu stärken. „Gerne unterstützt das Land Nordrhein-Westfalen das vielseitige und ambitionierte Programm des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte. Nach mehrjähriger Förderung einzelner Projekte erhält das Museum ab diesem Jahr mit 200.000 Euro jährlich eine aufgewertete Förderung seiner Tätigkeit.“

Maria Bering, Ministerialdirektorin bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien lobte ebenfalls die Arbeit des Museums, das eine beeindruckende Erfolgsgeschichte vorzuweisen habe: „Nicht nur weil es seine Besuchszahlen verdoppeln konnte, sondern weil es mit zukunftsweisender Museumspädagogik lange vor der Pandemie experimentelle digitale Konzepte ausgelotet hat.“ Weiter erklärt Bering, dass die Unterstützung des Museums eine Investition in die Zukunft unseres Landes sei. Dessen Arbeit stärke den Zusammenhalt in unserer multiethnischen Gesellschaft. Aus diesem Museum komme man anders heraus, als man hereingekommen sei. Wir als Gesellschaft würden das Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte auch in den nächsten 30 Jahren brauchen.

Auch Stephan Prinz zur Lippe, Christian Haase, MdB CDU, Prof. Dr. Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, und andere meldeten sich in kurzen Video-Ansprachen zu Wort.

25 Jahre Rückblick

„Wer keine Geschichte hat, hat keine Zukunft.“ Diese Erkenntnis war lebensleitend für Otto Hertel. Als Gymnasiallehrer und Teil einer Elterninitiative, die die Gründung einer christlichen Privatschule in Lippe beabsichtigte, war er beauftragt, die nötigen Gespräche mit den Behörden und gesellschaftlichen Verantwortungsträgern zu führen. In diesen Gesprächen stieß er auf viel Unwissen, wer die Russlanddeutschen eigentlich seien, wo sie herkamen und wie sie in Deutschland leben wollen. Auch unter den Russlanddeutschen selbst fehlte Wissen über die eigene Herkunft und Identität. Daraufhin ließ Hertel Infotafeln erstellen, die gemeinsam mit Exponaten und Kunstobjekten von Jakob Wedel aufklären sollten und bald zum ersten Dauerinventar des frühen Museums wurden. Somit wurde Otto Hertel zum Initiator und Gründer des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte.

Was zunächst als eine kleine Sammlung von Plakaten und Objekten begann, die in einem Raum des Detmolder Schulgeländes der August-Hermann-Francke-Schule ausgestellt wurden, bekam 2011, als ein neues Schulgebäude errichtet wurde, neue und großzügige Räumlichkeiten. Die Historikerin Dr. Katharina Neufeld, ehemalige und erste Direktorin des Museums, beteiligte sich von Anfang an beim Aufbau der Sammlungen und trug entscheidend zur Professionalisierung der Arbeit bei, die bis dato überall in Privatbesitz verstreut und teilweise auch in Russland zurückgelassen worden waren. Auch die objektive und wissenschaftliche Darstellung der historischen Ereignisse und das Öffentlichmachen der Museumsarbeit war ein Prozess für Dr. Neufeld, in den sie sich als Historikerin zunächst hineinarbeiten und gewissermaßen Pionierarbeit für russlanddeutsches Kulturgut leistete. Sie trieb die Hauptaufgaben eines Museums, nämlich das Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln des Wissens über Russlanddeutsche, entscheidend voran und hat bis zu ihrem Renteneintritt viel in das Museum investiert. Kornelius Ens, aktueller Museumsdirektor, erklärt, dass das Museum in heutiger Zeit das einzige Museum sei, das für Russlanddeutsche einen strukturhistorischen Zugang zu ihrer eigenen Geschichte darstelle. „Hier kann man seine eigene Story als Russlanddeutscher finden und eigene Fragen stellen.“ Es sei eine Form stalinistischer Diktatur, dass die eigene Geschichte und Identität verschüttet und geraubt worden sei. Durch das Museum können diese zurückerlangt und neue Würde darin gefunden werden, dass man Teil eines globalen Geschehens sei. Auch die individuellen Diktaturerfahrungen würden hier dargestellt und validiert.

Inzwischen sind neue Themen wie Migration und Forschung zur Museumsarbeit hinzugekommen. Früher arbeiteten die Mitarbeiter ehrenamtlich, seit 2016 wird das Museum von der Bundesregierung wie seit 2021 auch vom Land NRW gefördert. Als einziges Museum seiner Art in Deutschland greift es heute alle Themen auf, die die Russlanddeutschen betreffen. „Mein Wunsch und mein Ziel wäre, dass ein gemeinsames Wir – unabhängig der Herkunft – entsteht und eine Öffnung für die unterschiedlichsten Geschichten, die wir mit uns tragen. Insofern hat es eine immense Bedeutung für die bundesdeutsche Gesellschaft, denn es ist letztlich das Einläuten des neuen Normalen, nämlich dass wir uns in Zukunft ganz vielschichtig erinnern, Gesellschaft gestalten und nach Vorne schauen werden,“ fasst Kornelius Ens sein Anliegen als Museumsdirektor zusammen.

Aufgrund der Corona-Pandemie findet das Jubiläum nur digital statt, was jedoch auch eine dauerhaftere Präsentation der Grußworte, Impulse, Interviews und Zusammenfassungen in Form von Videos zulässt, die jederzeit auf der Website des Museums zugänglich sind: www.russlanddeutsche.de.

Foto/Screenshot: Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte