In Lippe geht man weg vom linearen Wirtschaften.

Kreis Lippe. Industrie und Wirtschaft wachsen – auch in Lippe. In der Regel ist das aber auch verbunden mit Verbrauch von Flächen und Ressourcen, beides inzwischen knappes und wertvolles Gut. So stehen Flächen in immer größerer Konkurrenz zur Landwirtschaft, Energieproduktion, Erhaltung der Biodiversität und Maßnahmen zur Klimafolgeanpassung. Soll der Bedarf an Gewerbegebieten künftig ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen gleichermaßen gerecht werden, muss daher ein Umdenken stattfinden. Die Geschäftsstelle Lippe zirkulär hat sich nun mit Experten und Praktikern aus der Region über die Potenziale nachhaltiger Gewerbegebiete ausgetauscht. Nahezu 40 Teilnehmende diskutierten darüber, wie sie zukunftsfähige Gewerbegebiete, möglichst vorhandene aber auch neue gestalten können und an welchen Stellen es Hemmnisse gibt. „Die Verwirklichung solcher Gebiete auch in Lippe hängt an Personen und braucht auf kommunaler und unternehmerischer Seite Menschen mit Begeisterung für diese Wirschaftsform“ fasst Dr. Ute Röder, Verwaltungsvorstand Umwelt und Bauen des Kreises Lippe zusammen.

Ideen, wie ein nachhaltiges Gewerbegebiet aussehen kann, gab es viele: Gemeinsam genutzte Einrichtungen, wie Kantine oder Kita, Fuhrparks, Lagerräume oder Energieerzeugung sparen sowohl Flächen als auch Kosten. Attraktive Grüngestaltung im Umfeld erhöhen die Aufenthaltsqualität für Mitarbeiter. Bei dem Austausch stellten die Fachleute zudem eine gute Erreichbarkeit mit dem ÖPNV heraus. Bisher sind großversiegelte Parkflächen üblich, die den Großteil des Tages ungenutzt sind. Sie verbrauchen Raum, sind lebensfeindlich für Tiere und Pflanzen und bereiten Probleme etwa beim Wasserabfluss bei Starkregenereignissen. Unvermeidliche Parkplätze können durch gemeinsam genutzte, mehrstöckige Parkhäuser den Flächenverbrauch verringern. Für eine effiziente Wertschöpfung könnten die Firmen ebenfalls voneinander profitieren: Ein Abfallprodukt einer Firma, wie Zuschnittsreste von Kunststoff- oder Metallprodukten, kann idealerweise als Rohstoff für ein Produkt einer anderen Firma weiterverarbeitet werden.

Weitere entscheidende Stellschrauben in der Organisation kann die Einbindung privater Dienstleister und Investoren zur Personalentlastung und Kapitalschonung von Kommunen und Unternehmen sein oder die Realisierung von Genossenschaftsmodellen. Dies bestätigte Michael Hoppenberg, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, denn Genossenschaften seien eine zukunftsfähige Organisationsform, da sie nicht gewinnorientiert arbeiten, sondern Kostendeckung anstreben und eine personelle und finanzielle Entlastung für die Kommunen und unternehmerischen Akteuren darstellen können. Gemeinsam genutzte Infrastruktur sind durch solche Genossenschaftsmodelle einfacher zu realisieren.

Die Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Gewerbegebiete gehen für die Teilnehmenden Hand in Hand. „Die zirkuläre Wertschöpfung entwickelt aus der Vermeidung von Emissionen neue Geschäfts- und Wertschöpfungsmodelle. Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind die Nebenprodukte eines vernünftigen Umgangs mit Ressourcen und Energie“, erklärte Prof. Dr. Peter Heck, geschäftsführender Direktor des Instituts für angewandtes Stoffstrommanagement in Birkenfeld. Das herkömmliche, lineare Wirtschaften sei endgültig ein Auslaufmodell und es brauche kommunale Vordenker, um Impulse zu setzen. Das nimmt der Kreis Lippe ernst und sieht sich mit der Geschäftsstelle Lippe zirkulär als Wegbereiter. „Um neue Wertschöpfungsketten zu erschließen, muss unser heutiges Denken weg vom Reaktiven hin zum Aktiven“, ist sich Birgit Essling, Leitung der Geschäftsstelle Lippe zirkulär, sicher.

Der Austausch fand im Zuge der Hannover Messe International Industrials Pioneers statt. Weitere Informationen gibt es bei Birgit Essling unter b.essling@kreis-lippe.de oder www.lippe-zirkulaer.de