Vorgestellt: Produktionen, die sich mit der Wahrnehmung der Stadt beschäftigen.

Theater im öffentlichen Raum setzt sich immer auch mit der Stadt, ihrer Architektur und ihrer Wahrnehmung auseinander. Zum Festival BILDSTÖRUNG sind vom 3. bis 6. Juni Projekte und Aufführungen eingeladen, die dieses ganz direkt tun, zwei der Produktionen werden im Folgenden vorgestellt:

Die Arbeit von Johannes Bellinkx aus den Niederlanden bewegt sich an der Grenze zwischen Theater, bildender Kunst und Film. Seine Praxis konzentriert sich darauf, neue und unerwartete Strategien zu finden, um die Interaktion zwischen Form und Inhalt auszudrücken.

Seit 2017 hat sich Johannes Bellinkx sowohl in den Niederlanden als auch international einen Namen gemacht. Die Produktion „Reverse“ stand in vielen europäischen Städten in den letzten Jahren in dem Programm von Festivals darstellender Kunst. Der interdisziplinäre Charakter des Audio-Walks verknüpft Sound, Installation, Architektur und darstellende Kunst. In einer Deutschlandpremiere wird „Reverse“ wird an drei Tagen bei der BILDSTÖRUNG gezeigt. Sind Sie immer auf dem Weg nach vorne? Haben Sie immer das nächste Ziel vor Augen? Was wäre, wenn Sie sich für einen Moment umdrehen würden? Im wahrsten Sinne des Wortes. In Johannes Bellinkxs „Reverse“ handelt es sich um ein Umdrehen der gewohnten Perspektive: durch eine Linie am Boden werden die Teilnehmenden in ungefähr einer Stunde 1,3 km rückwärts durch die Straßen, Hinterhöfe, Gärten und Häuser der Stadt gehen. Der Walk offenbart eine überraschende andere Sicht auf die mehr oder weniger Bekanntes und fokussiert die Wahrnehmung in einer ungewohnten Art und Weise. Indem er uns in die entgegengesetzte Richtung dreht, zwingt uns Johannes Bellinkx, uns bewusst zu machen, wie wir uns in der Welt bewegen. Mit einem hypnotischen Soundtrack und einer Verschmelzung von Fiktion und Realität ist Reverse eine einzigartige körperliche und geistige Erfahrung. Der Weg durch die Stadt wurde sorgfältig ausgewählt und vorbereitet, Stolpersteine wurden entfernt, Richtungen markiert.

„Der öffentliche Raum ist der Ort, an dem sich widersprüchliche Standpunkte gegenüberstehen, ohne dass die Möglichkeit einer endgültigen Versöhnung besteht“. (Chantal Mouffe)

Mit einer anderen ungewöhnlichen Sicht auf die Stadt experimentiert Benjamin Vandewalle. Er besuchte die Königliche Ballettschule Antwerpen und machte 2006 seinen Abschluss am P.A.R.T.S.. Nachdem er neun Jahre lang hauptsächlich Black Box gearbeitet hatte, verspürte Vandewalle das Bedürfnis, aus der Komfortzone des Theaters auszubrechen. Er suchte neue Herausforderungen in einem Forschungsprojekt über urbane Choreografie.

In Studio Cité kombiniert Benjamin Vandewalle eine Reihe von Installationen, Performances und Interventionen auf einem Platz oder an einem Ort in einer Stadt. Über einen Zeitraum von mehreren Tagen verwandelt Vandewalle den Marktplatz in Detmold zu einem künstlerischen Jahrmarkt, einem Spielplatz für den menschlichen Blick und einem Raum, in dem soziale Begegnungen, Diskussionen und der Austausch von Ideen stattfinden können.

Vandewalle geht von der Idee aus, dass die Art und Weise, wie wir die Welt wahrnehmen, bestimmt, wie wir über sie denken und somit auch in ihr handeln. Indem wir die Art und Weise, wie wir die Realität wahrnehmen, verändern, können wir unser Denken und Handeln in und über die Welt, in der wir leben, hinterfragen. Alle Installationen und performativen Handlungen in diesem Projekt befassen sich mit der Art und Weise, wie wir unsere alltägliche Realität wahrnehmen, und hinterfragen, wie unsere Sinne funktionieren, wenn wir unsere Umgebung und die Menschen, die Teil davon sind, beobachten, erleben und uns mit ihnen auseinandersetzen. Vandewalle setzt den menschlichen Körper als Werkzeug ein, um unseren Blick zu manipulieren und unsere Erfahrung des öffentlichen Raums zu beeinflussen. Benjamin Vandewalle und seine Mitarbeiter spielen eine entscheidende Rolle in dem Projekt. Sie fungieren als Zeremonienmeister und laden die Menschen ein, sich mit den Installationen auseinanderzusetzen und ermutigen sie, ihre Erfahrungen zu teilen. In der Mitte des Platzes ist eine Bar eingerichtet, an der die Menschen bei einem Kaffee oder Tee ins Gespräch kommen können.

Spielzeiten:
Johannes Bellinkx [NL]  -„Reverse“ Deutschlandpremiere (Ticket benötigt: kulturteam.reservix.de)
Sa. 4. Juni, 14 bis 19, Startpunkt: Schlosspark
So. 5. Juni, 14 bis 19, Startpunkt: Schlosspark
Mo. 6. Juni, 14 bis 18, Startpunkt: Schlosspark

Benjamin Vandewalle [BE]  – „Studio Cité“ Deutschlandpremiere
Sa. 4. Juni, 15:30 bis 19:30, Marktplatz
So. 5. Juni, 14 bis 19, Marktplatz
Mo. 6. Juni, 14 bis 18, Marktplatz

Fotos: Stanislav Dobak; Dennis van Tilburg