Leiter des Instituts für Wissenschaftsdialog (IWD) der TH OWL Professor Dr. Josef Löffl hält Vortrag auf Emissions- und Energy-Forum.

Professor Dr. Josef Löffl, Historiker und Institutsleiter an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe, hat einen Redenwettbewerb gewonnen. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches. Der Leiter des Institutes für Wissenschaftsdialog ist eloquent, und die Parallelen zur Geschichte, die der promovierte Historiker häufiger in seinen Gegenwartsanalysen zieht, erzeugen oft eine neugierig machende Themenspannung. Aber dass er mit einem Vortrag über unsere aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen hin zu einer unbeständigen und damit kaum mehr planbaren Welt bei Automobilexperten das beste Abstimmungs-Ergebnis aller Vortragenden einfährt, ist dann doch eher ungewöhnlich.

Löffl erläuterte in seinem Vortrag das Problem der Wissensvermittlung in der sogenannten VUKA-Welt. VUKA steht für Volatilität (Schwankung), Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (Mehrdeutigkeit). „Wir leben nicht nur in einer komplexen, sondern auch in einer komplizierten Welt. Aber die Wahrnehmung von Fakten und Wissen ist gesellschaftlich auf sehr kurze und oberflächliche Impulse zusammengeschrumpft. Den Automobilexperten habe ich so erklärt, dass das Problem des Verkaufs neuer Techniksprünge auch in der Automobilindustrie heute eben nicht ein Marketing- sondern ein gesellschaftliches Problem ist“, so der IWD-Leiter.

Insbesondere der Einfluss von Social Media habe diesen Trend verstärkt. „Heute entscheiden Sekunden, ob ich etwas gut finde oder nicht. Das überträgt sich immer mehr auf unseren Alltag“, ist sich Löffl sicher. Den Automobilexperten habe er so deutlich machen wollen, dass es darum gehe, dass auch die großen Industrieunternehmen in der Verantwortung stünden, einen gesellschaftlichen Diskurs darüber zu konzipieren, wie die Wissens- und Faktenaufnahme in der heutigen Zeit passend zur Komplexität unserer Welt gestaltet werden könne. „Machen wir uns dazu keine Gedanken, obsiegt die einfache Argumentation, die sehr oft zur Ideologie führt“, ist sich der Historiker sicher.

Die Frage der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Technologie sei aber auch eine Zukunftsfrage der Automobilindustrie. Hier gelte es, die Themen auch mit positiven Begriffen zu besetzen. „Es ist beispielsweise ein Unterschied, ob wir über regenerative Energie oder über Freiheits-Energie diskutieren“, beschreibt Professor Löffl in seinem Vortrag, warum es ihm geht. In Deutschland treffe nämlich die sich verändernde Wissens- und Faktenwahrnehmung auf eine grundsätzliche, tief verwurzelte Veränderungsskepsis, für die die Engländer ein Lehnwort hätten: „the german Angst“. Diese tiefe Angst habe in der Vergangenheit immer wieder auch zu irrationalen Handlungen geführt. So hätten die Weber die Maschinen in den Fabriken in dem irrigen Glauben zerstört, so den Fortschritt aufhalten zu können. Eine ähnliche Haltung könne man heute bei der Debatte um autonomes oder elektrisches Fahren erkennen. Auch hier werde die Akzeptanzweigerung den Fortschritt nicht aufhalten können.

Löffls Fazit: „Die Industrie muss erkennen, dass sie dieses Problem nicht allein und schon gar nicht über Marketingmaßnahmen lösen kann. Jede Technologie erzählt eine neue Geschichte. Und diese Geschichte muss gekoppelt sein an den Veränderungen in unserer Gesellschaft.“

Die Teilnehmer am 12. AVL Emissions and Energy Forum wählten Löffl Vortrag mit dem Abstimmungstool Slido zum beliebtesten Vortrag des Forums. Sein Index lag bei 5.7, der Durchschnitt bei 4.8.

Die AVL Deutschland GmbH ist mit mehr als 11.000 Mitarbeitenden das weltweit größte, unabhängige Unternehmen für die Entwicklung, Simulation und Tests in der Automobilbranche und in anderen Industrien.

Foto: TH OWL